“Deutschland verursacht nur 2% der weltweiten Emissionen!”
🌍 Niemand verlangt, dass Deutschland die Welt alleine rettet. Da alle Länder am globalen Treibhausgas-Ausstoß beteiligt sind, müssen auch alle Länder ihre Emissionen reduzieren – nicht nur, aber eben auch Deutschland. Im Pariser Klimaschutzabkommen ist genau das völkerrechtlich verbindlich festgelegt.
“Aber andere machen gar nichts! USA und China erzeugen viel mehr CO2-Emissionen!”
📈 China baut allein in 2023 mehr Erneuerbare hinzu, als Deutschland überhaupt besitzt. Die USA investieren mit dem Inflation Reduction Act 369 Milliarden Dollar in Klimaschutz. Auch wenn die Klimapolitik in kaum einem Land mit dem 1,5°-Ziel vereinbar ist, ist es eben nicht so, dass Deutschland ein Vorzeige-Land wäre und “andere nichts machen”.
“Die Welt wird nicht mitziehen, nur weil Deutschland Vorbild sein will”
🤝 Auch ohne “deutsches Vorbild” betreiben die meisten Länder Klimaschutz-Programme. Darüber hinaus hat Deutschland, als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und Führungsmacht in der EU, erheblichen internationalen Einfluss. Durch das Vorantreiben internationaler Abkommen, Technologieexporte, Förderprogramme oder Klimazölle kann Klimaschutz auch in anderen Ländern gefördert werden. Allerdings funktioniert Klimadiplomatie nur glaubwürdig, wenn man die eigenen Klimaschutzziele konsequent verfolgt.
“Klimaschutz führt doch nur zu Deindustrialisierung und Wohlstandsverlust!”
🏭 Elektro- statt Verbrenner-Autos, ein Tempolimit auf Autobahnen oder günstiger Strom aus Erneuerbaren statt Kohle führen wohl kaum zum Niedergang der deutschen Wirtschaft. Der droht eher, wenn man sich auf alten Technologien ausruht, während der Rest der Welt neuen Trends folgt – siehe Nokia oder Kodak.
“Aber wer soll den teuren Strom aus erneuerbaren Energien bezahlen?”
🤑 Früher wäre das vielleicht ein Argument gewesen, inzwischen kommt der günstigste Strom aus Windkraft und Photovoltaik. Dafür sind vor allem der Preisrutsch von Solarmodulen und die steigenden Preise für fossile Brennstoffe verantwortlich. Gerade letzteres wird langfristig auch den Betrieb von Verbrenner-Autos sowie Öl- und Gasheizungen unwirtschaftlich machen.
“Aber trotzdem müssen doch tausende Windräder, E-Auto-Ladesäulen und Millionen Wärmepumpen installiert werden!”
💰 Das stimmt, aber bei der Beibehaltung des Status Quo würden ebenso Kosten für Instandhaltung oder Neubau von Ölheizungen und Kohlekraftwerken anfallen. Die Investitionen für die Energiewende rechnen sich, wenn man ihnen die Abhängigkeiten und Kosten fossiler Brennstoffe sowie die immensen Kosten der Klimakrise gegenüberstellt. Klimaschutz ist somit ein Gebot der ökonomischen Vernunft.
“Aber keine Verbote! Das ist Erziehung!”
🚭 Gesellschaftliche Regeln sind kein Selbstzweck, sondern dienen dem Schutz von Leben, Freiheit und Wohlstand. Das nächtliche Lärmverbot schützt unseren Schlaf, Rauchverbote schützen die Gesundheit von Nichtrauchern. Verbote, z.B. von klimaschädlichen Technologien, können notwendig sein, um die Klimakatastrophe aufzuhalten und damit Leben und Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu schützen.
“Warum nicht neue Technologien und Innovationen anstatt Verbote?”
💡 Die Technologien zur breiten Dekarbonisierung sind bereits heute vorhanden. Das Vorgaukeln zukünftiger Wundertechnologien dient vor allem dazu, notwendige Veränderungen aufzuschieben, das Öl- und Kohlezeitalter zu verlängern und die Profite der fossilen Industrie zu schützen.
“Klimaschutz mit der Brechstange überfordert die Menschen und schränkt sie ein”
🔥 Die Folgen einer ungebremsten Klimakatastrophe – Hitzewellen, Wasserknappheit, Massenmigration – würden uns mehr einschränken und überfordern, als Klimaschutz es je könnte.
“Wenn Gas und Benzin teurer werden, trifft das erstmal ärmere Leute!”
⚖️ Deshalb muss die Politik dafür sorgen, dass die Kosten der Klimaschutz-Investitionen sozial gerecht verteilt werden. Da die Klimakrise vor allem ärmere Menschen trifft, ist ambitionierter Klimaschutz auch ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit.
“Man kann den Leuten nicht die Autos wegnehmen und von heute auf morgen alle Fabriken stilllegen!”
🤦♂️ Das fordert auch niemand! Solche Behauptungen sind typische Strohmann-Argumente: Es werden erfundene Forderungen unterstellt, da die tatsächlichen Forderungen (pragmatische Klimapolitik) kaum angreifbar sind. Von der Verschleppung effektiven Klimaschutzes profitiert vor allem die fossile Industrie.
“Aber der Ressourcenverbrauch von E-Autos! Der ganze Stahl und Beton für Windräder! Das ist alles andere als klimaneutral”
⚡️ Keine Lösung ist ohne irgendwelche Nachteile. Entscheidend ist die Gesamtbilanz, und die ist bei E-Autos und vor allem Windkraftanlagen deutlich klimafreundlicher als bei fossilen Technologien. “Das ist ja nicht perfekt!” ist ein Scheinargument, das gerne gegen Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt wird, die sich sachlich schwer kritisieren lassen.
“100% Erneuerbare sind gar nicht möglich! Was ist, wenn bei Dunkelheit kein Wind weht?”
🔋 Für diesen Fall gibt es Grundlast-Erneuerbare (Wasserkraft, Biomasse), Energiespeicher oder Gaskraftwerke als Reserve. Laut Studien sind 100% Erneuerbare global möglich.
“In Deutschland gibt es gar nicht genug Platz für so viele Windräder. Und im Süden weht sowieso kaum Wind!”
💨 Laut Studien ist es ausreichend, 2% der Fläche Deutschlands für Windräder zur Verfügung zu stellen. Dieses Ziel ist erreichbar, auch wenn im Süden weniger günstige, aber ausreichende Bedingungen herrschen.
“Wie sollen die Stromnetze das aushalten?”
🔌 Die zunehmende Elektrifizierung steigert den Strombedarf und bringt vor allem die Verteilnetze an ihre Belastungsgrenze. Da diese Entwicklung über viele Jahre erfolgt, kann (und muss) die Netzinfrastruktur entsprechend ausgebaut werden.
“So schnelle und tiefgreifende Veränderungen sind gar nicht mehr machbar. Das 1,5°-Ziel ist verloren!”
🔥 Die Ausreden, dass es “zu spät” oder “unmöglich” sei, dienen als Totschlagargument, um Klimaschutz zu verhindern. Auch wenn das 1,5°-Ziel nicht eingehalten wird, ist jede Emissionsminderung wichtig, um die weitere Erderhitzung zu begrenzen.
“Klimaschutz ja, aber pragmatisch und mit gesundem Menschenverstand!”
🧐 Dieses Framing unterstellt, dass aktuelle oder geplante Klimaschutzmaßnahmen eben nicht pragmatisch und sinnvoll sind. Wenn gleichzeitig keine Alternativen aufgezeigt werden, liegt nahe, dass hier Klimaschutz generell ausgebremst werden soll – es freut sich vor allem die fossile Industrie. Mit dem Lippenbekenntnis pro Klimaschutz wird vor der Frage geflüchtet, ob Maßnahmen gegen die Klimakrise überhaupt notwendig sind – eine Diskussion, die mit rationalen Argumenten für Klimabremser kaum zu gewinnen ist.
“Diese Klimaaktivisten fliegen Flugzeug! Das ist Doppelmoral und Heuchelei!”
✈️ Klimaschützer predigen nicht, dass jeder Mensch sich klima-moralisch sündenfrei zu verhalten habe, sondern fordern politische Lösungen. Durch solche Whatabout-Argumente und persönlichen Attacken wird versucht, Klimaschutz auf individuelles Verhalten zu reduzieren und Klimaschützer zu diskreditieren. Die Auseinandersetzung wird ins Persönliche abgelenkt, da angesichts der Schwere und Dringlichkeit der Klimakrise kaum auf sachlicher Ebene gegen Klimaschutz argumentiert werden kann.
Eine Typologie der Klimabremser-Argumente findet sich in Discourses of climate delay:
Dr. Dominik Haitz, 2023